Lange habe ich darüber nachgedacht, wie ich Yoga einfach und treffend mit ein paar Worten beschreiben kann, ohne mit der abstrakten Übersetzung aus dem Sanskrit zu beginnen und ohne es nur auf Körperübungen zu beschränken.
“Ich kehre in mich selbst zurück, und finde eine Welt.” (Johann Wolfgang von Goethe)
Ob Goethe Yoga gemacht hat, vermag ich nicht zu sagen, aber seine Worte treffen es auf den Punkt und umfassen sowohl Ziel und Zweck von Yoga in seiner einfachsten Form.
Der berühmte Yogalehrer T.K.V. Desikachar fasste es ähnlich knapp zusammen als man ihn fragte, wohin man mit Yoga kommt:
“Man hat sich von sich selbst entfernt und Yoga bringt einen zurück zu sich selbst. Das ist alles.” (T.K.V. Desikachar)
Mit Yoga verbindet jeder seine eigene Vorstellung und da es so viele Ansätze gibt, fange ich mit der Basis an, um den Zusammenhang mit der Persönlichkeitsentwicklung deutlich zu machen.
Begriff und Übersetzung
Das Wort „Yoga“ stammt aus dem Sanskrit (eine ca. 3000 Jahre alte indische Sprache) und wird abgeleitet von dem Verb yui [juutsch], welches mit „anschirren“, „einspannen“ oder auch „anjochen“ übersetzt werden kann. Da dieses Verb eher auf die Arbeit mit Zugtieren schließen lässt, stellt sich natürlich die Frage, in welchem Zusammenhang diese Begriffe mit dem Yoga und dem Menschen stehen.
„Anschirren“ klingt in der Tat nicht nach etwas, womit sich Menschen in ihrer Freizeit gerne beschäftigen möchten und der Begriff lässt an anstrengende, körperliche Work-Outs denken, worauf die philosophische Lehre im Westen leider auch oft reduziert wird.
Um einiges friedvoller klingen die häufig verwendeten Begriffe „verbinden“ und „vereinigen“. Verbinden – wie man die Kraft der Zugtiere verbindet.
Womit verbinden wir uns beim Yoga?
Verbinden wir uns mit dem Körper? Mit dem Geist? Verbinden wir den Körper mit dem Geist? Verbinden wir uns mit unserer eigene Mitte aus der wir im Alltag so leicht und oft entgleiten? Oder schaffen wir mit Yoga die Verbindung der inneren Welt mit der äußeren Welt?
Es ist von allem etwas.

Was macht unsere Persönlichkeit aus?
Der Körper ist ein Aspekt der Persönlichkeit. Doch hinter dem Begriff „Persönlichkeit“ steht weit mehr. Es ist alles, was zu einer Person gehört:
- Körper (Haltung, Aussehen, Gesundheit)
- Gedanken
- Verstand
- Einstellung
- Verhalten
Alle Aspekte der Persönlichkeit sind gleich wichtig und eine Disharmonie auf einer Ebene überträgt sich automatisch auf andere Ebenen. Ein stattlicher Körper macht noch lange keine starke Persönlichkeit aus, kann aber durchaus das eigene Selbstvertrauen stärken. Ebenso formen Gedanken und Wertvorstellungen den Charakter, der unbewusst auch in der äußeren Erscheinung eines Menschen erkennbar ist.
Menschen, bei denen alle Aspekte des Persönlichkeitsbildes in Balance sind, haben meist eine gewinnende Ausstrahlung und werden als authentisch wahrgenommen. Es sind oft Menschen mit Charisma – Menschen mit einer Ausstrahlung, die jenseits von klassischen und zeitgemäßen Schönheitsidealen liegt. Und diese Ausstrahlung hat Auswirkungen auf unsere Umwelt. Wirken wir ausgeglichen und authentisch, profitiert auch unser Umfeld davon. Es ist ein klitzekleiner, aber nicht vernachlässigbarer Beitrag, die Welt zu verbessern.
Yoga berührt jeden Teil unserer Persönlichkeit.
Längst ist erwiesen, dass all diese Ebenen miteinander verbunden sind und eine Veränderung auf körperlicher Ebene – bewusst oder nicht – Einfluss auf Geist und Verhalten hat. Gleiches gilt umgekehrt. Stell dir nur einmal vor wie du in eine Zitrone beißt und beobachte dabei wie dein Körper auf diesen Gedanken reagiert. Gleichermaßen kannst du beobachten, dass sich dein Befinden ändert, wenn du eine aufrechte Haltung einnimmst und lächelnd den Kopf hoch erhoben trägst. Der bloße Gedanke kann Einfluss auf das Befinden nehmen und dieses wiederum auf das Aussehen.
Alles hängt miteinander zusammen und da Yoga alle Ebenen berührt und zusammenführt, führt es zu einer Integration der Persönlichkeitsanteile.
Wie erreichen wir diese Integration?
Im Unterricht fangen wir mit Körperübungen an, die uns all unsere Verspannungen spüren lassen und sie nach und nach auflösen können. Wir lauschen dem Atem, der uns innerlich bewegt und am Leben hält, und der viel über unseren geistigen Zustand zu erzählen hat. Mit gezielten Übungen lernen wir, unseren Körper zu stärken und unseren Geist zu beruhigen. Und wir kommen mehr und mehr in eine Stille, die uns wieder mit unserer Intuition in Verbindung bringt.
Früher oder später kommen wir in dieser Stille meist auch mit unseren Mustern, Erwartungen und Wünschen in Kontakt. Wir können uns fragen, welche uns dienen und welche zu einer Last geworden sind. Körperliche Übungen, wie Umkehrhaltungen, symbolisieren und schaffen neue Perspektiven. Wir öffnen uns dem, was vor uns liegt in dem jeweiligen Moment und lernen zu finden anstatt zu suchen. Suchen findet immer nur im Bereich des Bekannten statt. Finden ist abseits gewohnter Pfade.
Yoga ist ein Weg und eine Methode und hilft sich in seiner ganz individuellen Persönlichkeit zu entfalten.
Wenn du Lust hast, Yoga für dich auszuprobieren und eine Yoga-Schule im Blick hast, schau sie dir vorher an und prüfe, ob die Praxis mit dir in Einklang geht.
Es gibt viele Arten, viele Stile und viele Schwerpunkte. So viele, dass jeder Mensch für sich die passende findet.
Deine Gabriele von attention.rocks ❤️