Wie ist es um deine Konzentration bestellt? Sicher kennst du diese Tage, an denen du hochmotiviert eine Aufgabe beginnst und innerhalb kurzer Zeit von einer klitzekleinen Ablenkung mitgerissen wirst.
Du hast einen Augenblick nicht aufgepasst und zack warst du, ohne es zu merken, im Land der Mails und Sprachnachrichten, bei einem Katzenvideo oder mit den Gedanken beim Gelächter aus der Teeküche. Ende der Konzentration!
Die menschliche Aufmerksamkeitsspanne wird immer kürzer
Die menschliche Fähigkeit zur Konzentration schwindet. Nach einer Studie von Microsoft Kanada sank die Aufmerksamkeitsspanne von 12 Sekunden im Jahr 2000 auf 8 Sekunden im Jahr 2013. Auf den Vergleich mit dem Goldfisch, der gerne an der Stelle zitiert wird, will ich aufgrund der fehlenden Informationsquelle nicht eingehen. Wen es trotzdem interessiert, findet hier eine gute und kritische Auseinandersetzung mit der Studie:
https://www.webcampus.de/blog/104/die-8-sekunden-aufmerksamkeitsspanne-gibt-es-sie-wirklich
Fakt ist, wir können uns weniger gut konzentrieren.
Erschwerend kommt hinzu, dass wir sehr viel Zeit unseres Lebens mit diesen Gedankenspaziergängen verbringen – in der Psychologie auch mit dem englischen Begriff „Mind Wandering“ bezeichnet. Dies ist leider nicht so positiv wie es klingt.
Matt Killingsworth hat in einer Studie mit mehr als 15.000 Menschen herausgefunden, dass wir bis zu 47% unserer wachen Zeit im Zustand des Mind Wandering verbringen. Die Studie lässt weiterhin darauf schließen, dass dies einen negativen Einfluss auf unser Glücksempfinden hat, d.h. ein wandernder Geist ist ein unglücklicher Geist. („A wandering mind is an unhappy mind“, in: Science, Band 330, 2010 von Matt Killingsworth und Daniel Gilbert).
Es geht dabei nicht um die Forderung, nur noch im Hier-und-Jetzt zu weilen, denn Tagträume sind hervorragend geeignet für kreative Prozesse. Die besten Ideen kommen aus dem Nichts unter der Dusche, beim Spaziergang oder beim Dösen.
Doch wollen wir 47% unserer wachen Zeit sich selbst überlassen?
Wir können den Inhalt dessen, was beim Mind Wandering hochkommt, kaum beeinflussen, da es ja nicht willentlich abläuft. Unser Gehirn ist in solchen Momenten in einem eigenständigen Modus und hat nur das Ziel, uns entweder zu schützen oder den Augenblick so angenehm wie möglich zu gestalten.
Mind Wandering bringt jene Gedanken an die Oberfläche, die für eines dieser Ziele relevant zu sein scheinen. Das können Gedanken sein, die uns wachsam machen, um potentielle Gefahren zu erkennen, wie die Email vom Chef oder Gedanken an das kränkelnde Kind zu Hause. Es können aber auch Gedanken sein, die unsere Laune verbessern könnten, wie z.B. die berühmten Katzenvideos oder das Gelächter aus der Teeküche.
Was immer es ist, es lenkt uns von dem ab, was wir gerade tun und bedeutet vorerst das Ende der Konzentration.
Wäre es nicht großartig, wenn wir die Fähigkeit hätten, bewusst zwischen beiden Zuständen wechseln zu können? Je nachdem was wir gerade brauchen? Kreativität, Entspannung oder Konzentration?
Doch dieses Mind Wandering ist leider eine Art Standard-Zustand (Default Mode), wenn wir nicht konzentriert sind. Wie lange dieser Zustand dauert, hängt von einigen Faktoren ab.
Als erstes müssen wir erkennen, dass wir überhaupt mit der Aufmerksamkeit gewandert sind. Und wenn wir erkannt haben, dass wir abgelenkt wurden, haben wir die Wahl, ob wir wieder zurück zur ursprünglichen Tätigkeit gehen oder weitermachen.
Hier hat die Unschuld der Biologie ein natürliches Ende
Wenn wir vorher noch einer alten Sicherheitsfunktionen des Gehirns ausgeliefert waren, so müssen wir uns nun willentlich entscheiden wie es weitergeht. Das kostet Energie, denn um sich für eine Sache zu entscheiden, muss man eine andere fallenlassen – evtl. sogar die angenehme.
Dieses Spiel ist immer wieder ein Kampf um AUFMERKSAMKEIT – selbst wenn wir gedanklich nur kurz abgedriftet sind.
Was können wir tun? Und wie hängt diese Lösung mit der Achtsamkeit, Aufmerksamkeit und Konzentration zusammen?
Sich auf potentielle Ablenkungen einstellen
Manche Ablenkungen können wir ausschalten, andere nicht. Deswegen brauchen wir zwei Strategien.
Wir können im Vorfeld alle Ablenkungen ausschalten, auf die wir einen Einfluss haben und auf die wir verzichten können. Welche das sind, hat jeder selbst in der Hand.
Dann richten wir den Fokus der Aufmerksamkeit kontinuierlich auf das was wir gerade tun wollen. Gelingt uns das, wird der Rest des Wahrnehmungsfeldes in den Hintergrund gerückt. Wir sind aufmerksam bei der Sache. Konzentriert.
Um die Konzentration zu halten, brauchen wie nun die Fähigkeit der Achtsamkeit, die bemerkt, wenn die Gedanken abschweifen. Und das werden sie tun, denn so ist das menschliche Gehirn nun mal angelegt. Wenn es heute auch manchmal nervig ist, so hat diese Anlage uns jedoch einst vor dem Aussterben bewahrt.
Die Evolution des menschlichen Gehirns hat mit der Veränderung im Außen nicht Schritt gehalten und so sind wir auch heute noch ständig auf der Suche nach Gefahren, obwohl es davon nur noch wenige gibt.
Was können wir tun, um die Konzentration zu erhöhen?
Gedanken kommen wie von selbst. Die Kunst ist, sich nicht von ihnen mitziehen zu lassen – in einen Film, eine Story oder eine Gedankenkette.
Das Bemerken, dass wir abschweifen, kann genauso schwierig sein, wie die Fähigkeit, die Konzentration zu halten.
Hier setzen Achtsamkeitsübungen an
Achtsamkeitsübungen schulen unseren Geist, alle Formen der Ablenkung zu registrieren und die Aufmerksamkeit immer wieder freundlich und bestimmt in den gegenwärtigen Augenblick zurückzuführen.
Wenn wir unsere Aufmerksamkeit und Achtsamkeit durch formale Übungen stärken, brauchen wir natürlich immer auch ein gewisses Maß an Konzentration. Gleichzeitig stärken wir mit diesen Übungen auch diese Fähigkeit.
Mit der Übung „Achtsames Atmen“ die Konzentration erhöhen
Die Aufgabe ist, sich ganz auf den eigenen Atem zu konzentrieren – ohne ihn in irgendeiner Form verändern zu wollen. Es geht nur darum, die Aufmerksamkeit beim Atem zu halten.
Dabei können wir uns auf die Bewegung des Atems im Körper fokussieren – z.B. auf das Heben und Senken der Bauchdecke.
Wenn uns das gelingt, sind wir fokussiert und konzentriert.
Über kurz oder lang wird dieser Zustand durch Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen torpediert und wir werden früher oder später einem dieser Ablenkungsmanöver unbewusst unterliegen. Wenn du es nicht glaubst, kannst du gleich zur Übung gehen und es testen.
Da wir bei der Übung den Auftrag haben, beim Atem zu bleiben, werden wir irgendwann bemerken, dass wir nicht mehr dabei sind. Und das ist:
Die Meta-Aufmerksamkeit
Die Instanz, die bemerkt, dass die Aufmerksamkeit gewandert ist, nennen wir Meta-Aufmerksamkeit. Und sobald wir es bemerken, gehen wir freundlich wieder zur Atembeobachtung zurück.
- Immer wieder zurück … was sehr häufig sein kann.
- Ohne zu bewerten … was wir automatisch immer wieder tun.
- Ohne zu verzweifeln… was früher oder später passieren kann.
Wenn wir freundlich bleiben, dann arbeiten wir gleichzeitig an der wohlwollenden Betrachtung unserer eigenen Unzulänglichkeit. Das alleine ist es wert, die Übung zu machen, denn wir sind viel zu oft unser unerbittlichster Kritiker.
Und wenn wir immer wieder zur Atembeobachtung zurück gehen, dann ist das wie ein Muskeltraining. Wenn wir Muskeln stärken wollen, nehmen wir Gewichte und lassen den Muskel den Widerstand der Gewichte überwinden. Und so überwinden wir mit der Achtsamkeit immer wieder den Widerstand der Ablenkung.
Gelingt uns das immer schneller und häufiger, dann kommen wir der Dichte der Konzentration immer näher. Wir müssen nach und nach nicht mehr so viel Energie aufwenden, um in die Gegenwart zurück zu kommen, denn das haben wir bei der Atemübung ja trainiert. Immer und immer wieder. Freundlich und bestimmt.
Übung für mehr Konzentration
Wenn du diese Übung für dich ausprobieren möchtest, kannst du es gleich hier und jetzt mit der folgenden Anleitung tun.
Idealerweise ziehst du dich irgendwohin zurück, wo du nicht gestört wirst. Wenn du geübter bist, kannst du die Übung überall machen, aber für den Anfang ist es ratsam, alle Ablenkungen auszuschalten. Du kannst dir auch einen Kopfhörer aufsetzen.
Finde eine bequeme Sitzhaltung und folge für 2 Minuten der Anleitung.
Vielleicht hast du bemerkt, wie sehr sich der Geist mit anderen Dingen beschäftigen wollte und wie schwer es sein kann, dem zu widerstehen.
Das Beste zum Schluss
Studien zeigen, dass wir mit Achtsamkeitstraining einen positiven Einfluss auf unsere Konzentrationsfähigkeit haben und darüber hinaus unser Wohlbefinden verbessern. Noch viel besser als Studien sind jedoch deine eigenen Erfahrungen.
Setze dir für den Zeitraum von 6 Wochen das Ziel, jeden Tag 2 Minuten in die Atembeobachtung zu investieren und schau, wie diese Übung deinen Alltag verändert.
Ich bin sicher, sie wird nicht spurlos an deiner Aufmerksamkeitsspanne vorübergehen und deine Konzentrationsfähigkeit ordentlich auf Vordermann bringen.
attention.rocks
Wenn du mehr über die Studie von Matt Killingworth erfahren möchtest, kannst du dir hier seinen Ted-Talk anschauen.