Solange ich denken kann, beschäftigen mich Fragen wie: „Was macht mich wirklich glücklich? Ist es eine Sache, ein Gefühl oder ein Ort? Wie komme ich dahin? Und wenn ich dort bin, wie geht es weiter?“ Ich hatte oft das Gefühl, nicht am richtigen Platz zu sein und sehnte mich nach einem Ausstieg.
Zweck der Existenz und die Big Five?
Die Frage „Was ist der Zweck meiner Existenz?“ treibt mich um, seit ich das Buch „Das Café am Rande der Welt“ von John Strelecky gelesen hatte.
Strelecky hat in seinem zweiten Buch über die „Big Five for Life“ geschrieben und versteht darunter die fünf Dinge im Leben, die man tun und erleben möchte, um am Ende des Lebens sagen zu können, dass man ein glückliches, erfülltes und erfolgreiches Leben hatte.
Die Big Five for Life entwickelten sich ganz langsam in einer Zeit, in der ich als Beratungsleiterin in einem der weltweit größten Softwarekonzernen arbeitete. Ich war verantwortlich für global aufgestellte Teams und betreute innovative Themen. Mit Herausforderungen und Hamsterrädern kannte ich mich sehr gut aus und die Fragen nach dem Glück drängten sich mehr und mehr in den Vordergrund. Ich dachte immer öfter an einen Ausstieg statt an Karriereaufstieg.
Als ich eines Tages besonders nah an meinem Limit war, überzeugte mich eine Freundin, eine Yogastunde mit ihr zu besuchen. Die Wirkung war überwältigend und die positive Erfahrung prägte mich nachhaltig. Mir wurde in dieser Stunde deutlich, wie wenig Zeit ich wirklich im Augenblick verbrachte und wie viel ich über die Vergangenheit oder Zukunft grübelte.
War die Gegenwart so wenig attraktiv?
In meiner Freizeit begann ich eine vierjährige Ausbildung zur Yogalehrerin und im Anschluss folgte eine dreijährige Coaching-Ausbildung. Ich begann mehr und mehr mich selbst und die Menschen um mich herum in ihrer Individualität zu erkennen, zu verstehen und zu akzeptieren. Und ich erkannte, dass Achtsamkeit und Selbstwahrnehmung elementare Schlüssel zu den Antworten auf meinen Fragen waren.
Der krönende Abschluss fand 2014 statt, im Rahmen einer innerbetrieblichen Ausbildung zum Search Inside Yourself (SIY) Teacher. Search Inside Yourself ist ein achtsamkeitsbasiertes Programm für emotionale Intelligenz und wurde im Rahmen einer Grassroot-Initiative in die Unternehmenskultur gebracht. Wir hielten weltweit Seminare, um Mitarbeiter/innen bei ihrer persönlichen Entwicklung zu unterstützen – sei es bei der Optimierung ihrer Performance, der Führungsqualitäten oder ihrem persönlichen Glück.
Und da war es wieder – das Glück. Der Kreis schloss sich und ich war in meinem Element.
Die zwei bedeutendsten Tage im Leben sind der Tag an dem du geboren wurdest und der Tag an dem du herausfindest warum. (Mark Twain)
Mit jedem Training spürte ich: „Das ist es!“
Ich liebte es, nach dem Glück zu forschen und Menschen an meinem Wissen, meiner Erfahrung und meiner Begeisterung teilhaben zu lassen. Es wurde mein Ziel, meine Aufgabe und der Sinn meines Handelns.
Mein Hamsterrad wurde jedoch immer schneller, denn all diese Tätigkeiten spielten sich neben meiner hauptberuflichen Tätigkeit ab. Meine eigene Achtsamkeitspraxis zeigte mir irgendwann klar und deutlich, dass es Zeit für eine Veränderung war.
Ausstieg und Neuanfang waren ständig ein Thema. Ich wollte 100% meiner Arbeitszeit dieser Aufgabe widmen und hatte meine Vision klar vor Augen.
Der Ausstieg und etwas wirklich, wirklich wollen
Der Zeitpunkt für die Entscheidung „Ganz oder gar nicht“ kam Mitte 2015. Ich war 50 Jahre alt, stand kurz vor meinem 25. Firmenjubiläum und war bereit, die Sicherheit im Unternehmen mit der Freiheit der Selbständigkeit zu tauschen. Bereit im Sinne von „wagemutig“, aber auch bereit im Sinne von „vorbereitet“.
Das mag einfach klingen, nach der ganzen Vorgeschichte, aber bis dieser Schritt wirklich umgesetzt war, kamen immer wieder Zweifel, Ängste und alte Glaubenssätze angekrochen. „Wer gibt schon solch einen Posten auf?“ „Ein Ausstieg in diesem Alter?“ „Wer hoch steigt, fällt tief.“ „Habe ich überhaupt das Handwerkszeug für eine Unternehmerin?“ „Gibt es einen Markt?“ „Wird mich die Aufgabe am Leben halten?“
All diese Fragen waren wichtig und hilfreich und ich habe mir ein halbes Jahr Zeit gelassen. Ich engagierte einen Coach, um sicherzugehen, dass ich mich nicht unbewusst selbst in die Irre führe und schaute betriebswirtschaftlich in die Zukunft.
Ich bekam ein „ja“ nach dem anderen. Es gab einen Markt und ich war gut vorbereitet. Ich hatte in diesem wunderbaren Unternehmen in unterschiedlichen Rollen viele Erfahrungen sammeln dürfen, hatte ein gutes Netzwerk, Zuspruch von meiner Familie und genügend Ersparnisse für eine Übergangszeit.
Am wichtigsten war jedoch meine Motivation. Ich spürte den tiefen Sinn hinter meiner neuen Aufgabe und hatte unglaubliche Freude an der Tätigkeit. Ich wusste, dass ich den Schritt geschafft hatte vom wollen zum wirklich, wirklich wollen.
Ende 2015 verließ ich das Unternehmen und wurde selbst Unternehmerin.
Erfüllung – ein unschlagbarer Karriereschritt
Ausstieg und Neuanfang waren gelungen. Ich bin damit meinen Big 5 wie auch meinem Zweck-der-Existenz (ZDE) nähergekommen, denn ich wählte einen Beruf, für den ich brannte. Ich bin zutiefst glücklich und wirksam, und ich spüre, dass Zufriedenheit und Freude eines einzelnen immer auch Einfluss auf dessen Umfeld haben. Und Einfluss ist nichts anderes als Führung.
Ich stehe jeden Tag auf, um zu erforschen, wie ich inmitten von Herausforderungen und Veränderungen Klarheit, Lebensfreude und Freiheit spüren kann und gebe all meine Erkenntnisse und Erfahrungen mit Freude als Autorin, Trainerin und Coach weiter.
Wie es mit dem Glück weiterging
Nachwort für alle, die sich fragen, ob ich nun weiß, was Glück ist und wo es wohnt.
Auf meiner bisherigen Reise habe ich festgestellt, dass Glück in Fülle vorhanden ist und dass es gleichzeitig sehr still und bescheiden sein kann. Es macht wenig Aufhebens, drängt sich nicht vor und tritt in der täglichen Geschäftigkeit oft in den Hintergrund. Dort wird es schlicht und einfach übersehen.
Ich vergleiche das Glück gerne mit einem Raum, in dem Klarheit, Lebensfreude und Freiheit wohnen und in dem alle Türen geöffnet sind. Alles darf rein und im Alltag kann es dort manchmal sehr voll werden. So voll, dass man den Raum nicht mehr sieht – und somit auch nicht die Freude, die Klarheit und die Freiheit.
Die gute Nachricht ist: Raum und Glück sind immer da. Sie sind unverwüstlich und
werden spürbar, wenn wir innerlich still werden und aufmerksam lauschen und schauen – vielleicht nach dem, was wir wirklich wollen. Dieses Lauschen und Schauen erfordert unsere ganze Achtsamkeit. Es ist Zustand, Technik, Lehrer und Meister zu gleich. Achtsamkeitstraining bedeutet, sich auf eine innere Reise einzulassen und das Glück aus ganzem Herzen einzuladen.
Deine Gabriele von attention.rocks ❤️